So würde ein russischer Sieg über die Ukraine die globalen Agrarmärkte verändern.
Zuerst Panzer. Jetzt Kampfjets und U-Boote. Was möchte die Ukraine denn noch alles? Das wird in Talkshows gerade sehr empört gefragt. Dass die Ukraine mit dem Rücken zur Wand steht, scheinen viele, die diese Tonalität anschlagen, zu vergessen. Und sie vergessen noch einen Aspekt.
Nämlich: Wie sieht die Nachkriegsordnung im Fall eines russischen Sieges aus (einmal davon abgesehen, dass Putin durch einen Sieg lernen wird, dass er einen konventionellen „Full Scala War“ gewinnen kann)? Übersehen wird die Frage, wie sich ein Sieg Russlands auf die Welternährung, die Agrarmärkte und die geopolitische Situation auswirken wird.
Zehn Länder in Afrika sind im Augenblick bei ihrer Weizenversorgung zu 50 und mehr Prozent von russischen Importen abhängig. Spitzenreiter sind die Länder Zentralafrikas mit 60 und mehr Prozent. Die Demokratische Republik Kongo kommt auf 83 Prozent, die Seychellen auf 95 Prozent. Würde Russland bei einem Sieg die Anteile der Importe der afrikanischen Länder von der Ukraine übernehmen, würde die Anzahl der Länder mit 50 und mehr Prozent Weizenimporten aus „Großrussland“ allein in Afrika auf 14 Länder ansteigen. Acht Länder müssten zu 75 und mehr Prozent ihre Importe aus dem neuen Russland decken. Eritrea, Somalia, Benin zu 100, Ägypten zu 82 Prozent. Auch in Asien gibt es große Abhängigkeiten: Laos, Libanon, Pakistan …
Auf ein siegreiches Russland würde ein Viertel der Weltproduktion an Weizen entfallen. Damit würde es zum Monopolisten auf die Versorgung des globalen Südens, zum Monopolisten auf Welternährung.
Man kann sich leicht ausmalen, wie in einer Welt der Wirtschaftsblöcke die geopolitische Orientierung der von Russland abhängigen Staaten ausfallen würde. Wie wahrscheinlich wäre es, dass sich diese Länder als Verbündete des Westens sehen, der ehemaligen Kolonialmächte? Auch die Türkei könnte wanken, wenn es 85 Prozent seines benötigten Weizens aus dem neuen Russland beziehen müsste. Könnte der Westen diese Länder überhaupt mit Weizen auf ukrainischem oder russischem Preisniveau versorgen? Denn wir müssten mit Getreide Afrika aus der russischen Umarmung herauskaufen. (Quelle: Kommentar Olaf Deininger , agrarzeitung)