EU-Agrarministerrat Agrarimport aus Ukraine: Grenznahe EU-Bauern sollen Hilfe erhalten

EU-Agrarkommissar Wojciechowski will die GAP-Krisenreserve anzapfen. Grund ist der Freihandel mit der Ukraine. Vor allem in den direkten EU-Nachbarländern der Ukraine führen steigende Einfuhren von Mais, Raps und anderen Agrarprodukten aus dem Kriegsgebiet zu Marktstörungen. EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski will darum die Krisenreserve der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) mobilisieren. Das sagte der Pole im Anschluss an das Treffen der EU-Landwirtschaftsminister gestern (30.1.) in Brüssel. Die Krisenreserve der reformierten GAP hat ein Volumen von jährlich mindestens 450 Mio. Euro. Deutschland sprach sich im EU-Agrarrat gegen die Aktivierung der Reserve aus. Landwirte in den Nachbarländern sollen unterstützt werden Laut Wojciechowski sind die Importe aus der Ukraine in die EU über Land im vergangenen Jahr teilweise deutlich gestiegen. So haben die Einfuhren von Weizen über die „Solidarity lanes“ von weniger als 300.000 t im Jahr 2021 auf 2,8 Mio. t im vorigen Jahr zugenommen. Die Maisimporte wuchsen von 7,3 Mio. auf 12,2 Mio. t. Bei Sonnenblumen wurde ein Plus von 52.000 t auf 1,8 Mio. t beobachtet. Auch die Einfuhren von Geflügelfleisch, die nicht mehr kontingentiert sind, haben deutlich zugenommen. Wojciechowski betonte, diese Mengen seien für den europäischen Markt insgesamt unproblematisch. Die Landwirte in Polen, Ungarn, Rumänien und der Slowakei bräuchten wegen lokaler und regionaler Marktverwerfungen aber die Unterstützung der EU.Wojciechowski wechselt seine Haltung zum Ukraine-Import

Die EU hat die Agrareinfuhren aus der Ukraine nach Beginn der russischen Invasion liberalisiert. Das auf ein Jahr bis Juni 2023 befristete Abkommen dürfte im Sommer voraussichtlich verlängert werden. Wojciechowski zufolge erhob im EU-Agrarministerrat kein einziges Land die Forderung, die Einfuhren aus der Ukraine zu begrenzen. Auch Wojciechowski selbst will den Handel offenbar nicht mehr einschränken. Damit warf er seine Ende vorigen Jahres in Polen vertretene Position, die ukrainischen Agrarimporte zu limitieren, über Bord. Agrarminister beteuern ihre volle Solidarität mit der Ukraine Wojciechowski räumte ein, nicht alle Mitgliedstaaten seien mit der Aktivierung der Krisenreserve einverstanden. Es habe im Agrarrat aber auch keine Mehrheit gegen diese Maßnahme gegeben. Der amtierende Vorsitzende des EU-Agrarrates, der Schwede Peter Kullgren, betonte die volle Solidarität der EU-Landwirtschaftsminister mit der Ukraine. Die Landkorridore für den Agrarexport sollten weiter gestärkt werden. Östliche Mitgliedstaaten wollen mehr gekoppelte Beihilfen Die EU-Kommission erwägt als Stützmaßnahme auch eine geförderte Lagerhaltung von bestimmten Agrarerzeugnissen. Zusätzlich forderten neun Mitgliedstaaten, darunter Polen, Ungarn und Bulgarien, gemeinsam eine befristete Ausnahme von den Obergrenzen für gekoppelte Beihilfen. Indem Direktzahlungen innerhalb der nationalen Plafonds umgeschichtet würden, könne gezielt und zugleich haushaltsneutral geholfen werden, argumentierte die von Ungarn angeführte Gruppe. Deutschland fordert Verdopplung der GVE-Obergrenze für Rinder

Die EU-Agrarminister debattierten gestern auch über die geplante EU-Richtlinie über Industrieemissionen (IED). Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir sprach sich in den Verhandlungen für eine Verdopplung des Schwellenwerts für die Rinderhaltung aus.

Özdemir zufolge wäre eine Obergrenze von 300 Großvieheinheiten (GVE) bei Rindern „ein realistischer Vorschlag“. Grundsätzlich hält er die Aufnahme der Rinderhaltung in die Richtlinie angesichts des Beitrags zu den Methan- und Ammoniakemissionen für sachgerecht.

Agrarkommissar Wojciechowski machte hingegen deutlich, dass die EU-Kommission an ihrem Vorschlag einer Obergrenze von 150 GVE festhalte. Seiner Auffassung nach kommt es nicht vor allem auf die Höhe der Obergrenze an, sondern auf die mit einer Überschreitung verbundenen Auflagen. (Quelle: agrarheute)