Der europäische Markt dürfte einem wesentlich kleineren Einfuhrdruck ausgesetzt sein als 2022/23. Davon geht die EU-Kommission aus.
Nach ihrer jüngsten Prognose wird die EU im aktuellen Wirtschaftsjahr insgesamt 25,6 Mio. t Getreide aus Drittländern importieren; gegenüber den für das Vorjahr geschätzten 40,1 Mio. t wären das 14,5 Mio. t oder 36 Prozent weniger. Die erheblich geringere Einfuhrmenge resultiert einerseits aus der erwarteten, größeren EU-Eigenerzeugung an Getreide und andererseits aus einer voraussichtlich deutlich kleineren Liefermenge der Ukraine.
Im Einzelnen sagen die Brüsseler Beamten für die EU-27 einen Rückgang der Maisimporte um 8,8 Mio. t oder gut einem Drittel auf 17,0 Mio. t voraus. Die Weichweizeneinfuhren dürften um 5,6 Mio. t beziehungsweise 58 Prozent auf lediglich 4,0 Mio. t sinken. Auch der Bezug von Gerste aus Drittstaaten soll abnehmen, und zwar um 600.000 t oder 29 Prozent auf 1,5 Mio. t. Zunehmen sollen dagegen die Hartweizenimporte, nämlich um 500.000 t beziehungsweise annähernd einem Viertel auf 2,6 Mio. t.
Getreideexporte nahezu unverändert erwartet
Wenig Änderung erwartet die Kommission hinsichtlich des EU-Getreideexports. Laut ihrer Prognose soll die Ausfuhr gegenüber 2022/23 um 700.000 t oder 1,5 Prozent auf 47,8 Mio. t steigen. Während die Weichweizenexporte wie im Vorjahr bei 32,0 Mio. t gesehen werden, dürfte die Vermarktung von Gerste in Drittländern um 150.000 t beziehungsweise – entsprechend der relativen Gesamtentwicklung – um 1,5 Prozent auf 10,0 Mio. t zulegen. An EU-Mais werden der Vorhersage zufolge 4,7 Mio. t in Drittstaaten verkauft; das wären 700.000 t oder 17 Prozent mehr als 2022/23. Der Export von Hartweizen soll indes um gut 200.000 auf 700.000 t abnehmen. Wie die EU-Kommission speziell zur Entwicklung der Getreideimporte aus der Ukraine informierte, sind seit September 2022 monatlich stetig hohe Mengen von mehr als 1,5 Mio. t eingeführt worden, mit in der Spitze rund 2,7 Mio. t im November 2022. Im Mai dieses Jahres wurden 1,57 Mio. t Getreide aus dem kriegsgebeutelten Land bezogen. Die EU-Kommission wies darauf hin, dass der jährliche Anteil der Ukraine an den EU-Getreideimporten gleichgeblieben sei.
Zwar sei viel Mais aus der Ukraine eingeführt worden, aber wegen der schwachen EU-Maisernte 2022 und einer entsprechenden Nachfrage habe es auch starke Maiseinfuhren aus Brasilien gegeben habe, berichteten die Brüsseler Beamten. Von den 800.000 t Gerste, die aus der Ukraine importiert worden sind, gingen ihren Angaben zufolge 500.000 t für die Futterproduktion nach Spanien.
Polen und Frankreich mit konträrer Haltung
Polen betonte vorige Woche im Ausschuss, dass es nach dem Auslaufen des Schwarzmeer-Getreideabkommens und dem russischen Angriff auf Häfen in der Ukraine wichtig sei, die Funktionsfähigkeit der Solidaritätsrouten zu gewährleisten. Auch müsse weiterhin sichergestellt sein, dass das ukrainische Getreide nicht in der EU verkauft werde. Der Vertreter Warschaus verwies auf zwei- bis dreimal höhere Transitzahlen im Vergleich zur Lage vor dem Verkaufsverbot. Er plädierte für die Fortführung der Schutzmaßnahmen auch nach dem 15. September. Frankreich bekräftigte dagegen seine ablehnende Haltung dagegen. Der Kommissionsvertreter äußere sich dazu nicht. Er erklärte, man wolle die Funktionalität der Solidaritätsrouten verbessern, zum Beispiel durch Wiederherstellung der Donauhäfen. (Quelle: AgE)