Die weiteren Perspektiven für die Branche stehen im Fokus des traditionellen Landwirtschaftstages der Volksbanken. Aber auch die Klagen über ein Dauerproblem reißen nicht ab.
Klare Perspektiven für die Landwirtschaft fordert der schleswig-holsteinische Agrarminister Werner Schwarz. „Wir brauchen ganzheitliche Konzepte“, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch in Neumünster beim Landwirtschaftstag der Volksbanken und Raiffeisenbanken. Am besten wäre dies für die gesamte EU und nicht nur für Deutschland. Vorgaben für einzelne Bereiche, wie vom Bundesministerium für die Schweinehaltung geplant, reichten bei weitem nicht aus und offenbarten einen völlig falschen Ansatz, sagte Schwarz. „Das gibt keine Orientierung für die wirtschaftenden Betriebe und diese wäre dringend nötig – mit Flickschusterei kommen wir nicht weiter.“ Verordnungswahn muss aufhören Für die Landwirtschaft müsse ein insgesamt stimmiges Bild entwickelt werden, sagte Schwarz. Als Vorsitzender der Agrarministerkonferenz will er mit seinen Länderkollegen und mit dem Bund an einer zukunfts- und wettbewerbsfähigen Perspektive für die Landwirte arbeiten. Demnach soll den Landwirten ein sicheres Einkommen ermöglicht und zugleich noch mehr für Umwelt- und Klimaschutz sowie für die Artenvielfalt getan werden.
Rund 1.100 Landwirte kamen zu der Traditionsveranstaltung in den Holstenhallen. Sie stand unter dem Motto „Landwirtschaft der Zukunft“. Eine wichtige Rolle spielten auch erneuerbare Energien. Der schleswig-holsteinische Bauernverbandspräsident Klaus-Peter Lucht kritisierte eine starke Überregulierung für die Landwirte. Die Dokumentationspflichten gingen „fast auf keine Kuhhaut mehr“, monierte Lucht. Der „Verordnungswahn“ müsse aufhören. Mit Blick auf die künftige EU-Agrarpolitik forderte auch Minister Schwarz deutliche Vereinfachungen: „Was wir jetzt haben, ist niemandem mehr zu vermitteln.“ Extensivierung ist der falsche Weg
Lucht beklagte auch mangelnde Planungssicherheit: Die politischen Rahmenbedingungen änderten sich in der Regel alle fünf Jahre. Er plädierte für eine intensive Lebensmittelproduktion auf den „Gunststandorten“ in Schleswig-Holstein: „Extensivierung ist der falsche Weg.“ Auf schlechteren Standorten könne etwas für die Artenvielfalt getan werden. Die Wertschöpfung müsse bei den Landwirten bleiben. Andernfalls drohe eine „Amerikanisierung“: Dann würden noch mehr Betriebe aufhören, die verbleibenden noch größer werden und junge Leute aus dem ländlichen Raum abwandern. „Das kann nicht unser Ziel sein“, konstatierte Lucht. „Die Landwirtschaft ist der Wirtschaftsmotor des ländlichen Raums.“
Aktuell sei das Bild sehr geteilt, sagte Minister Schwarz. Im Ackerbau und in der Milcherzeugung werde auskömmlich gewirtschaftet, während die Schweinehaltung seit mehr als anderthalb Jahren in einer äußerst schwierigen Situation sei. Derzeit gebe es keine Bauanträge für neue Schweineställe.
In wechselnder Zusammensetzung diskutierten Schwarz und Lucht in Podiumsrunden mit Fachleuten aus Praxis und Wissenschaft sowie der bayerischen EU-Abgeordneten Ulrike Müller (Freie Wähler) über Probleme und Chancen der Landwirtschaft. „Die Agrarpolitik ist nicht hoffnungslos, aber schwierig“, sagte Moderator Dietrich Holler.
Es war die 14. Auflage der Veranstaltung. Das Agrarkreditvolumen der 21 Volksbanken und Raiffeisenbanken im Norden belief sich Ende 2022 auf 2,6 Mrd. €. In Schleswig-Holstein werden rund 62 Prozent der Fläche landwirtschaftlich genutzt. Die Zahl der Betriebe hat sich binnen zehn Jahren um 1.600 auf gut 12.000 verringert. Sie bewirtschafteten im vorigen Jahr 654.800 ha Acker- und 321.400 ha Grünland. (Quelle: dpa)